Anhand eines Fallbeispiels beantwortet Bettina Dénervaud, Leiterin der Fachstelle „Hilfe bei Mobbing“, der Sonntagszeitung Fragen zum Thema Mobbing an Schulen. Ihrer Erfahrung nach ist es eine Tatsache, dass Schulen aus Überforderung bei Mobbing oft wegschauen. „Das Thema Mobbing ist vielen zu heikel. Sie sind ungenügend vorbereitet“. Zurück bleiben hilflose Eltern und psychisch geschädigte Kinder. Die Ursachen liegen tief: „Schauen Sie sich die Welt an. Gewalt ist überall. Kinder haben früh Handys, Laptops, konsumieren Medien, die nicht für sie bestimmt sind. Und sehen online Kommentare von Erwachsenen, die sich virtuell die Köpfe einschlagen“. Eine grosse Rolle spielt ausserdem der Einfluss der Eltern, die beispielsweise abschätzige Bemerkungen über andere Familien machen. Bettina Dénervaud will damit sagen, dass Mobbing komplex ist und vom ganzen Umfeld abhängt, und vieles geschieht auch unbewusst.
Da der Tatort aber oft die Schulen und der Schulweg sind, muss das Thema in den Unterricht integriert werden – und genau das passiert noch zu wenig. „Wir sehen immer wieder Schulpsychologen und Lehrpersonen, die mit Mobbing komplett überfordert sind“. Lehrpersonen müssten schon in der Grundausbildung mit der Realität konfrontiert werden, etwa mit Rollenspielen, in denen Opfer-, Mitläuferinnen- und Täterpositionen eingenommen werden, anhand von echten Fallbeispielen. „Praktika reichen nicht aus, wenn die erfahreneren Lehrpersonen Mobbing nicht sehen oder es nicht thematisieren“. Nur die Lehrpersonen verantwortlich zu machen, hält Bettina Dénervaud allerdings für falsch. „Sie sind oft sehr motiviert, aber noch jung und unter Druck. Wenn sie dann mit Mobbing konfrontiert werden und eine Schulleiterin nichts unternehmen will, verheizen wir sie. Die Verantwortung liegt vor allem beim Schulleiter, da dieser primär über Weiterbildungen entscheidet. Hier braucht es schweizweit deutlich mehr Engagement“.
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